Wann hast du das letzte Mal geweint? Wann hast du von ganzem Herzen
Tränen wie Sturzbäche vergossen? Kannst du dir einen Fehler eingestehen
oder ist das für dich undenkbar? Neigst du zu harten Urteilen deinen
Mitmenschen oder deinen Nächsten gegenüber oder kannst du gewähren
lassen, vergeben und akzeptieren?
Was bewegt dich innerlich, was berührt dich im Herzen und kannst du
deine Gefühle ausleben, sie zeigen und vor geliebten Menschen
ausbreiten?
Von klein auf werden die meisten Menschen darauf trainiert, sich
Gefühle abzugewöhnen: „Sei kein Feigling!“, „Sei ein Mann!“, „So große
Kinder wie du weinen nicht!“, „Indianer kennen keinen Schmerz!“, „Was
dich nicht umbringt, macht dich nur härter!“ und „DICH verletzlich zu
zeigen, bedeutet Schwäche!“
Das sind gängige Glaubenssätze, die sich zeitlebens in uns verfestigen.
Ohne dass wir selbst es bemerken, werden wir unempfänglich für Gefühle – von anderen als auch von uns selbst.
Auf einer Welt, die zunehmend roboterisiert wird und in der Gefühle
ein Zeichen von Schwäche sind, neigen viele Menschen dazu, eine dicke
Mauer aufzuziehen, sodass sie nicht mehr verletzt werden können. Das
Tragische dabei ist nur, dass wir dann auch unempfänglich für das
Lichte, Wahre und Schöne werden. Eine Mauer ist eine Mauer und in beide
Richtungen undurchlässig.
Natürlich hat das Gründe, die verständlich sind. So, wie wir sind,
waren wir nicht richtig! Oft gab es Tadel und sogar Schläge für das, was
wir als ganz junger Mensch fühlten oder sagten. Die vielen Verwundungen
aus dieser Kindheit – aber auch aus den Inkarnationen davor – wollen
jedoch gesehen werden und verlangen nach Heilung.
Gefühle zu zeigen und Tränen zu vergießen, sind Grundbedürfnisse eines Menschen.
Wer von seinen Gefühlen abgeschnitten ist, erlebt nicht nur selbst
einen Mangel, sondern gibt diesen Mangel an die nächste Generation
weiter.
Du vererbst nicht nur Gold und Silber, sondern auch Emotionen, Weltbilder und Glaubenssätze – deine ganze Geschichte.
Eltern und Lehrer haben die große Verantwortung, den Kindern
nahezubringen, dass sie menschliche, beseelte und empfindsame Wesen
sind. Eine gesunde Wahrnehmung der eigenen Gefühle ist gerade jetzt das
Um und Auf für ein gelungenes Leben.
Warum die Welt ist, wie sie ist
Weißt du, warum auf der Welt so viele Menschen eiskalt sind und warum
Menschen in führenden Positionen von Staat, Wirtschaft und Kirche zu so
viel Unmenschlichkeit fähig sind?
Ihnen fehlt der Zugang zu sich selbst, die Verbindung zu den eigenen
Gefühlen. Weder spüren sie sich selbst noch den Nächsten – und so fühlen
sich auch nicht, was sie uns antun.
Ihnen fehlt es an der Selbstwahrnehmung, sie haben keinen Zugang zu
ihrem Herzen. Sie sind voller Muster, Meinungen und Glaubenssätze,
voller emotionaler Verwundungen und mentaler Verblendungen, die sie hart
und unempfänglich für Mitgefühl gemacht haben.
Die Gefühle und ich
Auch ich konnte jahrelang meine Gefühle nicht zeigen! Ich hielt das
für Schwäche und so manche Beziehung und Freundschaft scheiterte an
meiner Unfähigkeit, eigene oder andere Gefühle wahrzunehmen.
Die Programmierungen aus meiner Kindheit, die Verletzungen, die ich
erlitten hatte, ließen mir keine andere Wahl. Ich baute einen
emotionalen Schutzwall um mich herum auf und war weder für die Freude
und Liebe noch für den Schmerz durchlässig. So nachvollziehbar das auch
ist, so schädlich ist es, wenn man daran das ganze Leben lang nichts
ändert. Willst du am Totenbett bereuen, dass du mit deinen Gefühlen
hinter den Berg gehalten hast?
Ich wollte das nicht! Eines Tages fasste ich also den Entschluss,
dies zu ändern. Ich begann meine Gefühle zu zeigen. Ich zeigte meinen
Schmerz, wenn ich in einer Beziehung verletzt wurde, und ich legte
keinen Wert mehr darauf, immer „cool“ und ein „Macho“ zu sein. Die
Reaktionen waren verblüffend und wunderschön.
Meine damalige Freundin, das war Mitte der 90er Jahre, sagte einmal nach einem Streit zu mir:
„Ich finde es am schönsten, dass du dir selbst eingestehen kannst,
dass du verletzt wurdest und dass du mir das auch zeigst!“ Natürlich hat
das unseren Streit sofort entschärft. Langsam wurde ich ein Mann mit
Gefühlen, ein Mann, der auch in der Lage war, diese zu zeigen.
Ich habe mich demaskiert, ich habe gesehen, dass Gefühle zu zeigen weder dumm noch naiv ist.
Mir wurde bewusst, dass ich dann stark bin, wenn ich meine Maske ablege und so bin, wie ich bin – ein Mensch mit Gefühlen.
Ab einem bestimmen Augenblick in deiner Entwicklung brauchst du keine Schutzmauern mehr.
Wenn du begreifst, dass das „Verletzt-Werden“ und das
„Verletzt-Sein“ genauso zum Leben gehören, wie Glück und Freude, dann
gibt es keinen Grund mehr, irgendetwas zu verstecken.
Wenn dir ein Mensch Leid zufügt, liegt es meist daran, dass er einen
Kampf um das eigene Glück führt, und nicht daran, dass er dich ablehnt,
weil du bist, wie du bist.
Ihr Kampf
„Geh weiter, du Arschloch!“, rief mir einmal eine junge Frau, die ich
zuvor noch nie gesehen hatte und danach niemals wieder sah, bei einem
Spaziergang entgegen! Lag es an mir? Wohl kaum! Nahm ich es persönlich?
Nein, warum auch? Sie kämpfte ihren Kampf und fühlte sich durch mich auf
etwas hingewiesen, was sie bei sich selbst noch nicht wahrnehmen wollte
oder konnte.
Womöglich bist auch du der Spiegel für einen Schatten, den jemand bei sich selbst noch nicht wahrhaben möchte?
Das Drama nimmt seinen Lauf und du bist mittendrin –
es sei denn, du durchschaust das, bleibst entspannt und erkennst die richtigen Zuordnungen.
Gefühle zu zeigen, zu seinen Gefühlen zu stehen, heißt nicht,
unverwundbar zu werden, sondern heißt, mit Verletzungen umgehen zu
können.
Du hast immer die Wahl, Gefühle zu zeigen oder nicht zu zeigen! Frage dich nicht warum – sondern warum nicht.
Wie definierst du Stärke und was ist Schwäche?
Kannst du vertrauen, zuhören, akzeptieren, gewähren? Denn das ist
Stärke – nur Misstrauen ist ein Zeichen von Schwäche. Sprichst du leise,
wenn du was zu sagen hast oder schreist du, da dir die Argumente
ausgehen? Willst du dich auf Biegen und Brechen durchsetzen oder kannst
du zurückstecken, ohne dass du dich grämst? Kannst du mutig zugeben,
dass du feige warst oder immer noch bist?
Du siehst auf welche Weise du Gefühle wahrnehmen kannst – und es ist
allein deine Entscheidung, wie du damit umgehst und was du daraus
ableitest.
Investierst du deine Gefühle oder bist du bereit, sie ohne Gegenleistung zu verschenken?
Bei Gefühlen gibt es, wie bei der Liebe, keinen Handel! Sie sind!
Wahre Freiheit besteht darin, dass du ganz einfach tun und lassen
kannst, was du willst. Diese Freiheit erlangst du, sobald du in deiner
Gefühlswelt frei bist. Man sagt: „Die Gedanken sind frei!“ Deine Gefühle
sind es auch!
Wenn du innerlich nicht mehr blockiert bist, zirkulieren deine
Energien frei: Du nimmst das Leben – wie es kommt – und du lässt dich
auf das Leben ein.
Energetischer Schutz
Energetischer Schutz erfüllt den Sinn, dass du dich ganz bewusst von
Energien fernhältst, die du nicht in deinem Leben haben möchtest. Dieser
Schutz ist jedoch für die Liebe, für Gefühle und auch für Schmerzen,
wenn sie notwendig sind, durchlässig.
Energetischer Schutz ist keine unüberwindbare Mauer, sondern ist ein mit
deinem Leben kommunizierender „Lichtmantel“, der dir hilft, bei dir
selbst zu bleiben, bei deinen Gefühlen und in deiner Mitte.
Verzweiflung ist nur dort, wo eine Seele nicht in ihrer Mitte ruht.
Zu fühlen, bedeutet genauso Freiheit, wie zu denken. Alles ist
erlaubt, alles ist möglich! Was diese Freiheit begrenzen, einschränken
und blockieren kann, sind Ängste.
Deshalb ist es so wichtig, sich diesen Ängsten zu stellen, sich mit
der Enge, die du empfindest, wenn du Angst hast, auseinandersetzen –
weichen unbegründete Ängste, dann ist alles erreicht.
Die Transformation von Ängsten verändert dein Leben. Einen Zugang zum
Herzen zu haben, heißt, Ängste wahrzunehmen und zu bewältigen und einen
Zugang zu den eigenen Gefühlen zu haben. Schließlich geht es also um
dein Herz, denn es ging schon immer um dein Herz!
Transformationsarbeit heißt, den Schmerz der Seele zu heilen und mit
der Zeit zu entdecken, wie du immer freier wirst – vor allem frei von
Furcht und frei von Ängsten.
Aus Angst wird Liebe
Ich habe es selbst immer wieder erlebt, dass mit jedem erlösten Thema
nicht nur die Angst schwindet, sondern die Freude – weiter zu tun –
wächst. Alles, was du erlöst hast, befreit dich und sofort spürst du
eine neue Lebensqualität. Deine Wahrnehmung wird feiner, genauer,
umfassender und du wirst mitfühlend. Mitgefühl ist jedem Menschen in die
Wiege gelegt. Erst später wird einem das Mitgefühl aberzogen und Härte
antrainiert.
Du kannst nicht DA mitfühlend und DORT hartherzig sein – oder DEN
lieben und DIE nicht. Mitgefühl und Liebe sind Seinszustände, die
genauso zur Grundausstattung eines Menschen gehören, wie die Fähigkeit
zu atmen.
Mit dem Herzen siehst du das, weil man mit dem Herzen wirklich besser sieht.
Worum es geht, ist: Willst du eine Raupe bleiben oder ein Schmetterling werden?
Zu anstrengend!?
Dazu eine Weisheit aus China:
„Ein Schüler kam zum Meister. ‚Ach, Herr, stöhnte er, ,um Euren
Lehren zu folgen, ist so viel Veränderung nötig. Das ist mir eigentlich
alles viel zu anstrengend. Ich glaube, ich werde das Studium hier
beenden.‘ Da schaute der Alte mit einem traurigen Blick auf seinen
Schüler. ‚Kennst du die Geschichte von der Raupe?‘, fragt er. Der
Schüler verneinte.
,Es war einmal eine Raupe, die das Gefühl hatte, dass die
Metamorphose zum Schmetterling zu anstrengend sei. Also beschloss sie,
Raupe zu bleiben. Und während sie mühsam und langsam durchs Leben kroch,
schaute sie immer mal wieder hinauf zu all den Schmetterlingen, die im
Sommerwind von Blume zu Blume tanzten…‘, so erzählte der Meister die
Geschichte. ,Und nun überlege wohl, ob der scheinbar einfachere Weg auch
tatsächlich der leichtere ist.‘ “ (Glück ist, was du daraus machst, S.33, COPPENRATH, Weisheit aus China)
Raupe oder Schmetterling?
Den Panzer zu behalten oder abzulegen, cool zu bleiben, den Himmel
nur vom Boden aus zu sehen oder Stärke zu zeigen und gefühlvoll zu
werden, dichtzumachen oder aufzumachen – das ist die Frage. Der einzige
Mensch, der das entscheiden kann, bist du!
Lass dich einfach auf dich ein! Beobachte dich selbst! Du wirst
sehen: Alles wird gut, alles wird vollkommener und du selbst fühlst dich
nach jeder neuen Erkenntnis wohler.
Transformationsarbeit muss Freude bereiten, ansonsten machst du etwas falsch!
Es gibt keinen Stress dabei, es gibt nur den Fluss der göttlichen
Liebe – und Zeit. Denn wie sagt es ein afrikanisches Sprichwort so
schön:
„Das Gras wächst nicht schneller, wenn du daran ziehst.“ (1)
Leben für Leben gehst du dir selbst entgegen und du kommst Gott näher.
Womöglich ist es diesmal Zeit für die Umarmung mit DIR und die
Verschmelzung mit IHM/IHR.