https://www.gmx.at/magazine/politik/parlamentswahl-tschechien-populist-andrej-babis-32587948
Die ANO-Partei des Populisten
und Dollar-Milliardärs Andrej Babis liegt in allen Umfragen vor der
tschechischen Parlamentswahl fast uneinholbar vorn.
Er sei "im Grunde
kein Demokrat", warnt ein Kritiker. Andere vergleichen ihn mit Donald
Trump oder Silvio Berlusconi.
Andrej Babis drückt den Menschen sein Buch in die
Hand. "Nehmen Sie das, ich habe zwei Jahre daran gearbeitet", sagt der
63 Jahre alte Politiker in der Fußgängerzone im tschechischen Pilsen
(Plzen). Der Titel: "Wovon ich träume, wenn ich ausnahmsweise schlafe."
Versprochen
wird darin viel: kostenloses Internet für alle,
Hochgeschwindigkeitszüge zwischen allen großen Städten, saubere Luft und
ein schlanker Staat.
Babis ist Umfragefavorit
Immer
wieder bleiben Leute stehen, um sich mit Babis fotografieren zu lassen.
Er lächelt bereitwillig in die Kameras. Vor fünf Jahren hatte der
Multimilliardär die liberale Protestpartei ANO als "Aktion unzufriedener
Bürger" gegründet.
Nun ist er Umfragefavorit für die Parlamentswahl in
Tschechien am gestrigen Freitag und heutigen Samstag.
"Ich kritisiere alle", sagt Babis der
Deutschen Presse-Agentur.
Viele hatten gehofft, ein Unternehmer wie Babis mit Firmen in
Deutschland und einem Ferienhaus in Frankreich werde proeuropäisch
gesinnt sein. Doch den Euro lehnt Babis ab, er will die tschechische
Krone behalten:
"Natürlich wäre es für die Unternehmen gut, denn
sie müssten nichts absichern und hätten einen sicheren Kurs, aber für
den Staat wäre es nicht gut." Was beruhigt: Für einen EU-Austritt, auch
"Czexit" genannt, sei er "mit Sicherheit nicht".
Babis bewundert Schäuble
Von
Solidarität in der Flüchtlingskrise will Babis nichts wissen. Er sei
für einen Stopp der illegalen Migration, sagt er. Europa sei unfähig,
das Problem zu lösen. "Unsere Firmen wollen Ukrainer und Slowaken, aber
nicht die Migranten, die uns Europa aufnötigt."
Die Sozialleistungen würde er am liebsten noch weiter kürzen. "Die
Parasiten trennen von denjenigen, die arbeiten", nennt er das.
Babis'
Verhältnis zu Berlin ist gespalten. Er bewundert den scheidenden
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble wegen dessen Sparpolitik: "Das
ist der beste Politiker, den ich in meinem Leben getroffen habe."
Kanzlerin Angela Merkel hält er hingegen bis heute vor, die Flüchtlinge "eingeladen" zu haben.
Parallelen zu Donald Trump
In
den letzten Tagen vor der Wahl haben viele tschechische Haushalte noch
einmal Post von Babis bekommen: Im Briefkasten landete ein "Vertrag
zwischen
Andrej Babis und dem tschechischen Bürger".
Das Vorbild ist klar: Donald Trumps "Vertrag mit dem amerikanischen Wähler" für die ersten 100 Tage im Weißen Haus.
Anhaltende Affären haben Babis, zugleich Besitzer der auflagenstarken
Zeitungen "MF Dnes" und "Lidove noviny", kaum geschadet: Das Parlament
hat seine Immunität aufgehoben.
Die Polizei beschuldigt ihn, bei
EU-Subventionen betrogen zu haben. Es geht um zwei Millionen Euro. Wegen
fragwürdiger Steuerpraktiken wurde Babis im Mai als Finanzminister
entlassen.
In einer letzten Umfrage vor der Wahl liegt die ANO bei
25 Prozent. Die Sozialdemokraten (CSSD) - der Wahlsieger von 2013 -
kämen laut der Agentur Median nur noch auf 12,5 Prozent.
Sie
treten nicht mehr mit Regierungschef Bohuslav Sobotka an, sondern mit
Außenminister Lubomir Zaoralek. Zaoralek kämpft mit einem dezidiert
linken Programm angesichts der brummenden Wirtschaft für ein "Ende der
Billigarbeit".
Horrorszenario Minderheitsregierung
Babis könnte wieder mit den Sozialdemokraten in eine Regierung gehen -
diesmal als Chef. Manche Kritiker malen indes ein Horrorszenario an die
Wand: eine Minderheitsregierung unter Duldung der unreformierten
Kommunisten und der fremdenfeindlichen SPD (Freiheit und direkte
Demokratie). Dabei nennt Babis den SPD-Gründer Tomio Okamura selbst
einen "Fanatiker".
Babis sei ein Unternehmer-Populist vom Schlag
eines Silvio Berlusconi oder Donald Trump, sagt der Politologe Jiri
Pehe, einst Berater bei Präsident Vaclav Havel (1936-2011): "Wenn es um
seine Beziehung zur Demokratie geht, dann ist er im Grunde kein
Demokrat."
Babis habe das Parlament als Schwatzbude bezeichnet,
den Senat als zweite Kammer wolle er auflösen. "Er glaubt, berufen zu
sein, das ganze Land in eine Firma seines Typs umzubauen."
Babis sei schlicht und einfach ein Pragmatiker und Populist, sagt der
Politologe Lukas Jelinek. Er werde aber in Tschechien nur schwer
Verbündete für seine teils gefährlichen Visionen finden.
"Ich
sehe seine Dämonisierung als Gefahr für die Demokratie nicht gern - er
hat nur bis heute die Prinzipien der liberalen Demokratie und des
Parlamentarismus nicht verstanden."
Woher kommt Babis' Vermögen?
Fragen
wirft zudem auf, wie der gebürtige Slowake und Sohn einer
kommunistischen Funktionärsfamilie zu seinem Vermögen gekommen ist.
Seine Agrofert-Holding, die Babis zur Verwahrung in einen Trust gegeben
hat, zählt zu den größten Lebensmittel-, Agrar- und Medienunternehmen in
Tschechien.
Die Filmemacher Vit Janecek und Zuzana Piussi haben sich in dem Dokumentarfilm "Selsky rozum"
("Bauernverstand")
kritisch mit seinen Geschäftspraktiken auseinandergesetzt. Sie werfen
Babis einen Interessenkonflikt vor, denn seine Geschäfte seien zum
Großteil von Subventionen und Staatsaufträgen abhängig.
Viele
Beteiligte wollten sich nicht äußern. Janecek sagt: "Leute, die direkte
Erfahrung mit ihm haben, haben vor Babis Angst, und der andere Teil der
Gesellschaft erliegt seiner ausgezeichneten PR und seiner Fähigkeit, die
Rolle des herzlichen, volksnahen Menschen zu spielen."
Im Grunde genommen ist er ein typischer
Tscheche, mit Verlaub.
Ich habe da meine Erfahrungen.
Sollte er gewinnen gibt es einen Sturkopf
mehr in der EU. Ich will aber nicht werten.