Wer
auf die Website „A better way“ des US-Kongresses surft und sich für die
Steuerpläne der Republikaner interessiert, sieht auf seinem Bildschirm
einen Schweizer Käse. Genauso löcherig sei das amerikanische
Steuersystem, erklärt dazu eine Stimme aus dem Off, voller
Schlupflöcher. Das müsse sich ändern, so die Botschaft der
Konservativen, damit Steuersätze für Arbeiter, Familien und
Mittelständler sänken. Überdies wolle man das System so vereinfachen,
dass Amerikas Steuerzähler ihre Erklärung künftig auf der Größe einer
Postkarte abgeben könnten.
Das erinnert an die
unerfüllte Vision des früheren CDU-Spitzenpolitikers Friedrich Merz, der
die Steuererklärung auf einem Bierdeckel ermöglichen wollte. Anders als
der Wunsch von Merz könnte die Vision der Republikaner nach dem
Wahlsieg von Donald Trump aber Realität werden. Schließlich steht eine
gigantische Steuerreform ganz oben auf dessen Agenda. Genau wie sein
Vorbild Ronald Reagan will Trump nicht allein Steuersätze senken,
sondern das von unzähligen Vergünstigungen, Ausnahmen und Besonderheiten
durchzogene US-System aufräumen.
Ein zentrales Anliegen
ist die „Repatriierung“ von Gewinnen, die US-Unternehmen im Ausland
erzielen. Schätzungsweise 2,6 Billionen Dollar horten Konzerne von Apple bis Starbucks
in Steuerparadiesen wie den Cayman Islands vor der amerikanischen
Küste, schätzt spricht der Steuerausschuss des Kongresses . Auf diese
Riesenbeträge hat der Fiskus bislang dank einer Stundungsregel keinen
Zugriff.
Schon
der scheidende Präsident Barack Obama wollte den Konzernen ein
Friedensangebot machen und bot eine milde Repatriierungssteuer von 14
Prozent an. Das wäre beträchtlich weniger als der reguläre
Körperschaftsteuersatz von 35 Prozent, aber den Republikanern im
Kongress war das noch zu viel. Paul Ryan, dem republikanischen
Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, schwebt ein mittlerer
einstelliger Betrag vor. Trump spricht von zehn Prozent.
Rund
150 Milliarden Dollar will er dadurch einnehmen und in Infrastruktur
investieren. Das ist gutes politisches Marketing:
Milliardeninvestitionen in marode Brücken und Highways könnten das noch
viel größere Steuergeschenk an Konzerne vergessen machen.
Bundesfinanzminister
Wolfgang Schäuble mag sich über die Ministeuer ärgern. Ein wenig
versöhnen dürfte ihn hingegen die Aussicht, dass Trump Schluss macht mit
der wettbewerbsverzerrenden Offshore-Steuerstundung. Denn die erlaubt
es US-Multis seit zwei Jahrzehnten, mittels der unversteuerten
Auslandsgewinne ihre europäischen Konkurrenten finanziell auszustechen,
sei es bei Firmenzukäufen, teuren Forschungs- und Entwicklungsarbeiten
oder der Erschließung neuer Märkte. Sind das auch gute Nachrichten für
europäische Unternehmen?
Die Europäer würden
sich zu früh freuen. Ein weiteres Vorhaben soll den US-Unternehmen
Ersatz für den Offshore-Trick verschaffen. Trump will nämlich
gleichzeitig ein Steuerinstrument einführen, „das der Exportchampion
Deutschland schon lange nutzt“, sagt Reimar Pinkernell von der
Beratungsgesellschaft Flick Gocke Schaumburg.
Künftig
sollen US-Konzerne die Dividenden ihrer Auslandstöchter weitgehend
unversteuert kassieren. Das entspricht der deutschen
„Freistellungsmethode“. Im Grunde zahlen deutsche Exporteure für ihre im
Ausland erzielten Gewinne nur die dortigen, oft niedrigeren Steuern,
die auch für die Konkurrenz gelten. „Diese Wettbewerbsneutralität
erleichtert die Erschließung ausländischer Märkte“, so Pinkernell. Der
Fiskus profitiert dennoch, wenn der Konzern daheim eine Dividende
ausschüttet und die Anteilseigner ihre Kapitalertragsteuer zahlen.
Die
Reform nach deutschem Vorbild ist aber nur ein Teil von Trumps
umfangreichen Steuer-und Wirtschaftsplänen. Er will auch Importe
beschränken, durch Zölle, Strafsteuern und die Aufkündigung von
Handelsabkommen. Das erhöht den Druck, in Amerika zu produzieren. Wer
dies tut, soll belohnt werden. Die Republikaner wollen etwa die
Unternehmenssteuer von teilweise über 40 Prozent (je nach Bundesstaat)
halbieren; in Deutschland liegt sie derzeit bei rund 30 Prozent.
Ob
sich so eine radikale Senkung wirklich durchsetzen lässt, ist offen.
Auch der 45. Präsident der Vereinigten Staaten sollte darauf achten,
dass die Staatseinnahmen nicht zu sehr sinken. Andererseits: Mit
riskanten Zahlentricks kennt sich kein Vorgänger so gut aus wie der
schillernde Milliardär Trump.