Montag, 28. November 2016

TRUMP forciert ebenfalls Steuererklärung auf Bierdeckel

 

von Christian Ramthun
Der designierte US-Präsident will die Steuern kräftig senken und dafür Schlupflöcher schließen. Dabei nimmt er Anleihen beim deutschen Recht. 


Wer auf die Website „A better way“ des US-Kongresses surft und sich für die Steuerpläne der Republikaner interessiert, sieht auf seinem Bildschirm einen Schweizer Käse. Genauso löcherig sei das amerikanische Steuersystem, erklärt dazu eine Stimme aus dem Off, voller Schlupflöcher. Das müsse sich ändern, so die Botschaft der Konservativen, damit Steuersätze für Arbeiter, Familien und Mittelständler sänken. Überdies wolle man das System so vereinfachen, dass Amerikas Steuerzähler ihre Erklärung künftig auf der Größe einer Postkarte abgeben könnten.

Das erinnert an die unerfüllte Vision des früheren CDU-Spitzenpolitikers Friedrich Merz, der die Steuererklärung auf einem Bierdeckel ermöglichen wollte. Anders als der Wunsch von Merz könnte die Vision der Republikaner nach dem Wahlsieg von Donald Trump aber Realität werden. Schließlich steht eine gigantische Steuerreform ganz oben auf dessen Agenda. Genau wie sein Vorbild Ronald Reagan will Trump nicht allein Steuersätze senken, sondern das von unzähligen Vergünstigungen, Ausnahmen und Besonderheiten durchzogene US-System aufräumen.

Ein zentrales Anliegen ist die „Repatriierung“ von Gewinnen, die US-Unternehmen im Ausland erzielen. Schätzungsweise 2,6 Billionen Dollar horten Konzerne von Apple bis Starbucks in Steuerparadiesen wie den Cayman Islands vor der amerikanischen Küste, schätzt spricht der Steuerausschuss des Kongresses . Auf diese Riesenbeträge hat der Fiskus bislang dank einer Stundungsregel keinen Zugriff.

Schon der scheidende Präsident Barack Obama wollte den Konzernen ein Friedensangebot machen und bot eine milde Repatriierungssteuer von 14 Prozent an. Das wäre beträchtlich weniger als der reguläre Körperschaftsteuersatz von 35 Prozent, aber den Republikanern im Kongress war das noch zu viel. Paul Ryan, dem republikanischen Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, schwebt ein mittlerer einstelliger Betrag vor. Trump spricht von zehn Prozent.

Rund 150 Milliarden Dollar will er dadurch einnehmen und in Infrastruktur investieren. Das ist gutes politisches Marketing: Milliardeninvestitionen in marode Brücken und Highways könnten das noch viel größere Steuergeschenk an Konzerne vergessen machen.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble mag sich über die Ministeuer ärgern. Ein wenig versöhnen dürfte ihn hingegen die Aussicht, dass Trump Schluss macht mit der wettbewerbsverzerrenden Offshore-Steuerstundung. Denn die erlaubt es US-Multis seit zwei Jahrzehnten, mittels der unversteuerten Auslandsgewinne ihre europäischen Konkurrenten finanziell auszustechen, sei es bei Firmenzukäufen, teuren Forschungs- und Entwicklungsarbeiten oder der Erschließung neuer Märkte. Sind das auch gute Nachrichten für europäische Unternehmen?

Die Europäer würden sich zu früh freuen. Ein weiteres Vorhaben soll den US-Unternehmen Ersatz für den Offshore-Trick verschaffen. Trump will nämlich gleichzeitig ein Steuerinstrument einführen, „das der Exportchampion Deutschland schon lange nutzt“, sagt Reimar Pinkernell von der Beratungsgesellschaft Flick Gocke Schaumburg.

Künftig sollen US-Konzerne die Dividenden ihrer Auslandstöchter weitgehend unversteuert kassieren. Das entspricht der deutschen „Freistellungsmethode“. Im Grunde zahlen deutsche Exporteure für ihre im Ausland erzielten Gewinne nur die dortigen, oft niedrigeren Steuern, die auch für die Konkurrenz gelten. „Diese Wettbewerbsneutralität erleichtert die Erschließung ausländischer Märkte“, so Pinkernell. Der Fiskus profitiert dennoch, wenn der Konzern daheim eine Dividende ausschüttet und die Anteilseigner ihre Kapitalertragsteuer zahlen.

Die Reform nach deutschem Vorbild ist aber nur ein Teil von Trumps umfangreichen Steuer-und Wirtschaftsplänen. Er will auch Importe beschränken, durch Zölle, Strafsteuern und die Aufkündigung von Handelsabkommen. Das erhöht den Druck, in Amerika zu produzieren. Wer dies tut, soll belohnt werden. Die Republikaner wollen etwa die Unternehmenssteuer von teilweise über 40 Prozent (je nach Bundesstaat) halbieren; in Deutschland liegt sie derzeit bei rund 30 Prozent.
Ob sich so eine radikale Senkung wirklich durchsetzen lässt, ist offen. Auch der 45. Präsident der Vereinigten Staaten sollte darauf achten, dass die Staatseinnahmen nicht zu sehr sinken. Andererseits: Mit riskanten Zahlentricks kennt sich kein Vorgänger so gut aus wie der schillernde Milliardär Trump.