Samstag, 23. März 2019

Manfred Weber... Es kummt wie´s kummt, der Einstieg nach ganz EUoben klappt kaum. Österreich schaut zu.


https://www.cicero.de/aussenpolitik/viktor-orban-manfred-weber-evp-akk-eu

 

Viktor Orban und die EVP - Das alte Kriegspferd hält ein Bein noch drinnen



Mit der Suspendierung von Ungarns Präsident Viktor Orban haben die EVP und ihr Spitzenkandidat Manfred Weber kaum etwas gewonnen. Orban wird rechts weiter provozieren, und links laufen die Unterstützer davon. Auf Weber und seine Partei kommen schwere Zeiten zu



Viktor Orban
Viktor Orban stellt sich in Brüssel als Unbeugsamer Kämpfer dar / picture alliance
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Eric Bonse berichtet seit 2004 aus Brüssel über Europapolitik. Er betreibt auch den EU-Watchblog „Lost in Europe“.
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Räumlich ist die Trennung schon vollzogen.


Während Joseph Daul in der Parteizentrale der Europäischen Volkspartei (EVP) in Brüssel erklärt, warum er die ungarische Fidesz suspendiert hat, hält Regierungschef Viktor Orban eine Pressekonferenz im Europaparlament ab. Rund tausend Meter liegen zwischen Daul und Orban, politisch sind es Welten. „Ich bin ein altes Kriegspferd in der europäischen Politik“, setzt Orban an. Er habe schon einiges erlebt, auch in der EVP. Doch was jetzt passiere, sei auch für ihn neu.  


„13 linksliberale Parteien wollten uns, die Rechtskonservativen, ausschließen und die EVP weit nach links rücken.“ Doch das sei verhindert worden. Drei Stunden habe er gekämpft, brüstet sich Orban – und ein gutes Ergebnis erzielt: „Alle wollen, dass die EVP einheitlich bleibt und die rechtskonservativen Kräfte mit dabei sind!“ Vier Wahlsiege in Folge habe Fidesz eingefahren. „Niemand kann es sich leisten, eine so starke Partei auszuschließen.“

 

 

AKK zieht die Fäden im Hintergrund



Den EVP-Chef Daul erwähnt Orban in seiner Pressekonferenz, für die einige Dutzend Journalisten aus Budapest eingeflogen worden waren, mit keinem Wort. Auch die CDU-Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer kommt kaum vor. Dabei hatte AKK eine Delegation des Fidesz in Berlin empfangen und hinter den Kulissen die Strippen gezogen. Am Ende gab sie den Ausschlag für den EVP-Beschluss.

 

 

Doch das passt nicht in Orbans rhetorischen Rundumschlag, bei dem er sich als unbeugsamen Kämpfer darstellen will. Nur EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber findet lobende Erwähnung. „Wir haben die Einheit der EVP erhalten“, behauptet Orban. „Nun können wir eine gute Kampagne für die Europawahl führen und weiter Weber unterstützen.“ Seine Politik werde er allerdings nicht ändern.

 

 

Schwere Zeiten für Manfred Weber



Auf Weber kommen nun schwierige Tage und Wochen zu. Der CSU-Politiker versucht zwar, den EVP-Beschluß als persönlichen Erfolg zu verkaufen. Er wolle Europa zusammenhalten, sagte Weber am Donnerstag im Deutschlandfunk. Es sei nicht der klügste Weg, am Ende alle auszuschließen. Die EVP habe klargemacht, dass es ihr um die Einhaltung ihrer Prinzipien gehe. Doch am Tag nach der Kraftprobe spricht nichts dafür, dass Orban und seine Fidesz bereit sind, über Webers Brücke zu gehen und die Prinzipien der EVP anzuerkennen. 

 

 

Im Gegenteil: Orban will den Weisenrat, der Fidesz künftig überwachen soll, für seine Zwecke umfunktionieren – und sich alle Optionen offen halten. Den Austritt aus der konservativen Parteienfamilie eingeschlossen.

 

 

Er freue sich, dass dem Weisenrat auch der österreichische Politiker Wolfgang Schüssel angehöre, sagt Orban. Das sei „eine schöne Perspektive“. Schließlich sei Schüssel selbst einmal unter Beobachtung der EU gestellt worden, weil er mit dem früheren FPÖ-Chef Jörg Haider zusammengearbeitet hat. Der Parteifreund aus Österreich wisse also, wie sich das anfühle.

 

 

Die EU hat damals klein beigegeben und auf Sanktionen gegen Schüssel und Österreich verzichtet. 

 

Orban erwartet offenbar, dass es ihm genauso ergehen wird. Und wenn nicht? „Wir haben keine Garantien bekommen, und wir haben keine Garantien gegeben“, tönt der Ungar. Er habe seinen Austritt aus der EVP schon vorbereitet und könne jederzeit darauf zurückkommen. 

 

 

Geht Orban weiter nach rechts?



Das klingt nicht nach Verständigung – sondern eher so, als wolle der Rechtsausleger der EVP weiter provozieren. Selbst ein Paukenschlag kurz vor der Europawahl scheint nicht ausgeschlossen. Mit der polnischen Regierungspartei PiS unterhält Orban bereits enge Beziehungen. Und die Polen haben ihre Fühler zur populistischen Regierung in Italien ausgestreckt.


Bahnt sich da ein Bündnis zwischen Rechtsnationalen und Populisten an? Orban, so viel scheint nach der denkwürdigen Vorstandssitzung der EVP sicher, ist mit einem Bein noch drinnen, mit dem anderen aber schon draußen. Am traditionellen Treffen der EVP-Granden vor dem EU-Gipfel am Donnerstag, zu dem auch Kanzlerin Angela Merkel erwartet wurde, durfte er schon nicht mehr teilnehmen.

 

 

Doch beim Gipfel ist er noch dabei – und dort kann er weiter bremsen und eine „europäische Lösung“ in der Flüchtlingspolitik verhindern, wie sie Merkel seit Jahren (vergeblich) sucht. „Wir stehen zu den christlichen Werten und wollen keine Migration“, betonte Orban nach seiner vorläufigen Verbannung in der EVP. Der Richtungskampf geht also weiter. Gleichzeitig ist es für die EVP und ihren Spitzenkandidaten Weber schwieriger geworden, eine Mehrheit im EU-Parlament zu finden. 

 

 

Dabei braucht Weber diese Mehrheit, wenn er im Herbst die Leitung der EU-Kommission übernehmen will. Ohne die Stimmen der Sozialdemokraten und einer dritten Fraktion - vermutlich Liberale oder Grüne - wird dies nicht möglich sein.

 

Weber verliert Unterstützer



Doch die potentiellen Bündnispartner rücken nach dem Orban-Kompromiss von Weber ab. Die EVP habe sich für eine „billige Verzögerungstaktik“ entschieden, kritisiert der Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament, Sven Giegold. „Das weckt auch Zweifel an Webers Eignung für das Amt des Kommissionspräsidenten. 

 

Wer Hüter der EU-Verträge werden will, darf nicht bei europäischen Grundwerten wackeln.“ Ähnliche Kommentare kommen von Sozialdemokraten und Liberalen. „Es ist ein Skandal, dass Manfred Weber zuletzt angekündigt hat, den Spalter und Hetzer Viktor Orban mit einem ominösen Uni-Deal auf Kosten von bayerischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zähmen zu wollen“, erklärte Jens Geier für die SPD. 

 

Das sei „konservative Parteipolitik mit öffentlichen Landesgeldern“ – und „völlig bizarr.“

 

 

Die Liberalen wollen nun sogar eine Gegenkandidatin gegen Weber in Position bringen: die dänische EU-Wettbewerbskommissarin Margrete Vestager. Sie positioniert sich – genau wie die deutsche FDP – als Hüterin einer liberalen, weltoffenen EU, und entschiedene Gegnerin der „illiberalen Demokratie“ à la Orban. 

 

Kaum vorzustellen, dass sie Weber und dessen EVP nach der Wahl unterstützen würde. Der Spitzenkandidat der EVP wußte von Anfang an, dass er im Streit mit Orban nur verlieren konnte. Doch dass es so dick kommen würde, hat er wohl nicht geahnt. Die Suspendierung hat kein Problem gelöst, aber viele neue geschaffen.

 

 

ENDE