Donnerstag, 28. März 2024

Zersetzungsjournalisten marschieren im Gleichschritt mit der Politik

 

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Hans-Georg Maaßen - Rechtsanwalt und Präsident des Bundesverfassungsschutzes a. D.

Hans-Georg Maaßen

Rechtsanwalt und Präsident des Bundes­verfassungs­schutzes a. D.

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Als Feinde markierten Personen wird die Existenzgrundlage genommen

Zersetzungsjournalisten marschieren im Gleichschritt mit der Politik

von Hans-Georg Maaßen

Hans-Georg Maaßen, Vorsitzender der Werteunion© Quelle: privat

Hans-Georg Maaßen über den Brief eines Schrauben-Milliardärs, ein Einreiseverbot nach Deutschland, einen Weckruf zur Ausländerkriminalität und über regierungsnahe Medien.

Der Milliardär Reinhold Würth (88) fordert 25.000 deutsche Mitarbeiter per fünfseitigem Brandbrief auf, nicht die AfD zu wählen. Quellen erzählen zudem, dass Abteilungsleiter aufgefordert wurden, den Brief vorzulesen. Was passiert da mit solchen ehemals als konservativ eingeschätzten Unternehmerfiguren?

Es zeigt, dass solche Unternehmerpersönlichkeiten auch Opfer der Propaganda geworden sind und vermutlich reinen Herzens daran glauben, dass der Untergang Europas bevorsteht, wenn die AfD bei Wahlen stärkste Kraft werden würde. Es ist einfach schade, dass ein so erfolgreicher alter Unternehmer wie er letztlich unpolitisch ist und sich instrumentalisieren lässt. Aber es ist nicht selten, dass Menschen, die in der Wirtschaft erfolgreich sind, politische Zusammenhänge und die Mechanismen von Propaganda und Massenmanipulation kaum durchschauen und sich dadurch zum gutgläubigen Werkzeug der linksradikalen Propaganda und Agitation machen lassen.

Würth ist die eine Sache. Der IG Metall-Zuständige für Würth erklärt, er empfinde die Aktion als gut, er plädiert zudem dafür, alle AfD-Mitglieder im Unternehmen zu entlassen. Was ist mit den Gewerkschaften passiert, gab es das nicht schon 1933 mit SPD- und KPD-Mitgliedern?

Die DGB-Gewerkschaften sind traditionell der SPD verbunden und faktisch die Vertretung der SPD in den Unternehmen. Das hatte die CDU bereits früher spüren müssen, und das hat sich bis heute fortgesetzt. Die SPD hatte sich in den vergangenen Jahren deutlich radikalisiert, sich weit von dem in der bürgerlichen Demokratie angekommenen Godesberger Programm entfernt, und sie vertritt heute zumindest in Teilen neu-sozialistische Positionen, die mit dem Gesellschaftsbild einer freiheitlichen Demokratie kaum mehr in Einklang stehen.

Dazu gehört auch ihr sogenannter „Kampf gegen Rechts“, der letztlich nichts anderes ist als die Ausgrenzung, Diffamierung und politische Verfolgung von Personen, die das neu-sozialistische Gesellschaftsbild, die Wokeness und die Klimaideologie ablehnten. Ein zentraler Bestandteil ihres Kampfes gegen Rechts sind Maßnahmen der politischen Feindbekämpfung, insbesondere gegen die AfD, aber auch gegen die Werte-Union. Als ein Instrument der Feindbekämpfung zählt es, den als Feinde markierten Personen die wirtschaftliche Existenzgrundlage zu nehmen. Vor diesem Hintergrund ist es naheliegend, dass die DGB-Gewerkschaften diese SPD-Politik der Feindbekämpfung in Unternehmen durchsetzen wollen.

Es ist ein schwerer Verstoß gegen Menschenrechte, wenn Bürger ihren Job deshalb verlieren, weil sie eine politische Überzeugung vertreten, die der Regierung, den Gewerkschaften oder den herrschenden Kräften nicht passt. Wenn eine DGB-Gewerkschaft die Entlassung von Mitarbeitern fordert, weil sie die „falsche“ politische Überzeugung vertreten, ist dies verfassungsfeindlich, weil dies in Grund- und Menschenrechte anderer eingreift und zu einer Benachteiligung einer politischen Partei führt, die nicht verboten ist.

Man müsste hier nur einmal die Gegenprobe machen: Wie wäre es, wenn die AfD in Deutschland regiert und über ihre Kanäle dazu aufriefe, dass Arbeitgeber Mitarbeitern entlassen sollten, wenn sie Parteien angehören, die für die jetzige desaströse Wirtschaftspolitik verantwortlich sind. Es würde dann sicherlich zu Recht ein Sturm der Entrüstung ausbrechen. Erschreckend ist, dass dieser Sturm der Entrüstung ausbleibt, wenn es um den „Kampf gegen Rechts“ geht. Bleibt die Bundesregierung untätig und lässt diese Form der Ausgrenzung und politischen Verfolgung Andersdenkender durch Gewerkschaften zu, ist das eine dem Staat zuzurechnende politische Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention.

Wie sehr fürchten Sie denn, wenn Sie erfolgreicher werden in der politischen Arbeit, dass solche Mechanismen dann auch bei der Werte-Union eines Tages fassen aus den Reihen der Unternehmer und Gewerkschaften?

Diese Mechanismen der sozialistischen Feindbekämpfung werden bereits gegen uns angewandt, und wir gehen davon aus, dass noch rücksichtsloser und brutaler gegen uns vorgegangen wird, weil wir potenziell gefährlicher sind als die AfD, denn anders als die AfD könnten wir das klassische Bürgertum, das bislang CDU/ CSU oder FDP wählte und dadurch ihre Stimmen dem linken politischen Kartell zuführte, für uns gewinnen.

Stichwort „Feindbekämpfung“: Man kann den Eindruck gewinnen, dass das politische Hinterland der AfD auch nicht begeistert von der Werte-Union ist, wenn ich mir etwa die Angriffe von EU-Spitzenkandidaten Maximilian Krah (AfD) gegen die Werte-Union anschaue. Hier wird agiert, als wäre die Werte-Union der Hauptgegner ...

Wir vertreten die Vernunft der politischen Mitte und gerade keine radikalen oder extremen Positionen. Dies ist eine unkomfortable Situation, denn damit hat man politische Gegner oder Feinde auf allen Seiten. Leichter wäre es im politischen Wettbewerb sicherlich, wenn man radikale oder extreme Positionen vertreten würde, weil man dann zumindest auf einer politischen Seite konkurrenzlos bliebe.

Wir haben uns bewusst für den schwereren Weg von Maß und Mitte entschieden. Unsere Zielgruppe ist in erster Linie der Teil der Bevölkerung, der sich nicht mehr im Parlament vertreten sieht. Das ist die Repräsentationslücke, die wir im Blick haben. Wir wollen der klassischen CDU/CSU- und FDP-Wähler eine Alternative geben, der man vertrauen kann und für die es zuerst um die Politikwende in Deutschland und nicht um die persönlichen Interessen der Funktionäre geht.

Wir sind eine neue Partei, und manche sehen dies leider nicht als eine Chance für eine Politikwende in Deutschland. Sie begreifen nicht, dass wir ein Angebot darstellen für Wähler, die bisher um ihre Stimmen betrogen wurden, weil sie guten Willens CDU wählten und dann eine rot-grüne Politik bekamen. Die größten Feinde in der Politik sind Bosheit und Dummheit.

Wann bekommt Hans-Georg Maaßen Einreiseverbot in Österreich?

Sie spielen auf dem Fall Martin Sellner an. Ich nehme wahr, dass sich die Menschenrechtslage nicht nur in Deutschland, sondern in einer Reihe von EU-Staaten in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert hat. Wer politische Positionen vertritt, die nicht denen des Poltisch-medialen Establishments entsprechen, muss mit Ausgrenzung und anderen Verfolgungshandlungen rechnen. Deutschland steht insofern in der EU mit seiner Menschenrechtspolitik nicht isoliert da. Vor diesem Hintergrund halte ich es heute auch nicht mehr für ausgeschlossen, dass Ausreiseverbote gegen unliebsame politische Akteure verhängt werden und dass andere EU-Staaten ihnen die Einreise verweigern.

Einige Juristen sagen bereits, dieses Einreiseverbot für Sellner sei eine sehr wacklige Angelegenheit. Kann man hier mutmaßen, dass am Ende, auch wenn es das Verbot gekippt wird, die Propaganda-Maßnahmen schon erfolgreich waren?

Ich weiß nicht, was die wirkliche Begründung für das Einreiseverbot gegen Herrn Sellner ist. Die Anforderungen an ein solches Einreiseverbot sind sehr hoch, da Herr Sellner Staatsangehöriger eines EU-Mitgliedsstaates und damit ein Recht auf Freizügigkeit in der EU hat. Das ist etwas vollkommen anderes, als wenn man Drittstaatsangehörigen zum Beispiel aus der Türkei, Tunesien oder Ägypten die Einreise nach Deutschland verhindern will.

Diese Beispiele nenne ich deshalb, weil vonseiten der Politik in der Vergangenheit immer wieder behauptet wurde, dass man Islamisten oder islamistische Hasspredigern aus diesen Ländern die Einreise nicht hätte verweigern können. Im Unterschied zu solchen Islamisten aus diesen Ländern, denen man die Einreise wohl nicht verweigern konnte, genießt Herr Sellner ein europäisches Freizügigkeitsrecht. Ihm das für Deutschland zu entziehen, ist ein schwerer Eingriff in seine Grundfreiheiten. Da muss die Bundesregierung schon besonders gute Gründe haben, ihm die Einreise zu verweigern.

Für mich sieht das nach einem politisch motivierten Präzedenzfall aus. Ich habe noch in Erinnerung, dass Bundeskanzler Scholz vor einiger Zeit sagte, dass er keine roten Linien kennen würde. Dies ist eine verfassungspolitisch skandalöse Aussage, deren Tragweite bislang nicht hinreichend beachtet wurde. Ein Bundeskanzler, der für sich und seine Regierung in Anspruch nimmt, keine „roten Linien“ beachten zu wollen, bringt damit nichts anderes zum Ausdruck, als dass es ihm einfach egal ist, ob er rechtmäßig oder rechtswidrig handelt, ob er gegen Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie verstößt.

Dies ist das Denken jener linksradikalen Aktivisten, für die jedes Mittel tauglich ist, wenn es der Durchsetzung ihrer linken Ideologie dient. Nicht mehr das Recht, nicht mehr Verfassung und Menschenrechte sind danach maßgebend für ihre Politik, sondern nur noch die Ideologie. Ich habe die Befürchtung, dass dies auch für die Bekämpfung von politischen Gegnern gilt.

 

Olaf Scholz sagte in seiner Regierungserklärung, die irreguläre Zuwanderung gehe zurück. Alexander Dobrindt (CSU) widersprach und meinte, es kämen immer mehr Migranten. Aber haben nicht beide recht? Womöglich kommen weniger „Irreguläre“, aber insgesamt mehr. Man macht einfach die irregulären zu legalen Migranten und behauptet dann vor dem Bundestag, man hätte die Zahlen reduziert. Warum kommt die Bundesregierung mit solchen Mogelpackungen durch? Wie kann man so etwas nennen?

Das nennt man Politik. In der Politik können Positionen vertreten und Tatsachen behauptet werden, die bar jeglicher Beweislage und Realität sind. Und wenn man dann noch Medien auf seiner Seite hat, die in diese Richtung trommeln und Propaganda machen, dann hat man die Lizenz, aus der Lüge eine Wahrheit zu machen oder aus der Wahrheit eine Lüge. Das hatten wir auch schon 2018 bei der Chemnitzer Hetzjagdlüge gesehen, und das sehen wir seitdem immer wieder, wenn Zersetzungsjournalisten im Gleichschritt mit der Politik marschieren.

Vertrauen Sie den Zahlen der Bundesregierung bzw. des Bundesamtes für Migration und Geflüchtete (BAMF)? Kann man sich auf die erhobenen Zahlen wenigstens verlassen, wenn man auch den Interpretationen nicht folgt oder muss man auch hier schon skeptisch sein?

Auch wenn statistische Daten korrekt erhoben und wiedergegeben werden, bilden sie regelmäßig nur einen Teil der Realität wieder, nämlich den, der abgefragt und veröffentlicht wurde. Es ist selten die ganze Lebenswirklichkeit. Vor diesem Hintergrund würde ich mich auf diese Zahlen nicht verlassen, wenn ich ein Gesamtbild von illegaler Migration und von der Regierung geförderter legalisierter Einwanderung nach Deutschland haben möchte.

Das BAMF etwa zählt die Asylerstantragsteller und Folgeantragsteller. Aber viele andere Fallgruppen, vor allem das Dunkelfeld der illegalen Einreisen, finden sich in diesen Statistiken nicht wieder. Auch sollte man sich bei Statistiken immer die Frage stellen, was für ein politisches Bild wollen diejenigen bei uns erzeugen, die uns diese Zahlen mitteilen.

Die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) des Bundes schöpft ihre Zahlen aus den 16 Länderstatistiken, die im Vorfeld erhoben wurden. Jetzt ging NRW-Innenminister Herbert Reul noch vor Veröffentlichung der Landeskriminalstatistik mit alarmierenden Zahlen an die Öffentlichkeit. Was glauben Sie, warum er es vorgezogen hat? These: Reu fürchtete, dass die Pressemeldungen des Bundesinnenministeriums zur PKS des Bundes seine NRW-Zahlen aus der Landesstatistik wieder verwischen könnten ...

Das sollte man ihn am besten selbst fragen, und ich möchte nicht spekulieren, was seine Motive waren. Nach meiner Erfahrung werden die Landeszahlen dem zuständigen Landesminister vorgelegt, ehe sie an das Bundeskriminalamt als Zentralstelle geliefert werden, und der jeweilige Minister entscheidet, ob er mit diesen Zahlen selbst in die Öffentlichkeit geht.

War das couragiert von Reu oder doch selbstverständlich?

Wenn der Innenminister eines Landes der Auffassung ist, dass sein Zahlenbeitrag für die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) des Bundes politisch besonders bedeutend ist, dann wird man ihn nicht aufhalten können, mit diesen Zahlen an die Öffentlichkeit zu gehen, um zu versuchen, diese Zahlen in seinem Sinne zu interpretieren. Ich kann nachvollziehen, dass ein Landesminister ein Interesse hat zu erläutern, warum die Landeszahlen vom Bundesdurchschnitt abweichen oder warum sie sich im Vergleich zu den Vorjahren anders entwickelten.

Wer sich die nordrhein-westfälischen Kriminalstatistiken der letzten fünf Jahre anschaut, der findet eine Jubelmeldung nach der anderen, hinsichtlich zurückgehender Kriminalität. Jetzt kommt der Innenminister mit einer Alarmmeldung. Offenbar hat man hier eine negative Entwicklung lange versucht kleinzureden oder unter dem Radar zu bekämpfen und umzudrehen. Aber das scheint misslungen zu sein ...

Ich nehme wahr, dass die CDU – auch wissend um die Konkurrenz durch die Werte-Union – seit ein paar Monaten bemüht ist, das Thema innere Sicherheit und Migration stärker zu besetzen, obwohl die CDU-regierten Länder sich mit ihrer Sicherheitspolitik fast gar nicht von den SPD-Innenministern unterscheiden. Aber die CDU versucht es mit dem klassischen Trick, innere Sicherheit zu versprechen und von der SPD zu fordern, aber in Wirklichkeit nur Schaufensterpolitik zu betreiben.

Das beste Beispiel war die Cannabis-Legalisierung durch die sozialistische Bundesregierung. Die SPD auf Bundesebene wetterte gegen die Cannabis-Legalisierung, aber CDU-geführte Länder wie Nordrhein-Westfalen hatten durch ihr Abstimmungsverhalten der rot-grünen Minderheit im Bundesrat zur Mehrheit für die Verbreitung der Cannabis-Droge verholfen. Es war damit die CDU, die sich gutgläubigen Wählern vollmundig als Partei der inneren Sicherheit präsentiert und die in Wirklichkeit die Drogenlegalisierung ermöglichte.

Diese Kriminalstatistiken des Bundes, ebenso wie die der Länder, werden jedes Jahr um etliche Seiten länger. Sie haben mittlerweile ein Format von einigen hunderten Seiten. Zur Wahrheit gehört dazu, dass die meisten berichtenden Medien diese Hunderte vonseiten starken Statistiken nicht lesen, sondern auf die Interpretation der Daten in der Kurzzusammenfassung zurückgreifen. Aber wäre es nicht Aufgabe etwa des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, hier in eine Informationstiefe für den Bürger zu schaffen, wenn es die privaten Medien nicht hinbekommen?

Sicherlich ist es die Aufgabe gerade der öffentlich-rechtlichen Medien, kritisch auch derartige Zahlenwerke zu analysieren. Aber es geschieht kaum, weil sie ihre Rolle nicht mehr darin sehen, das Regierungshandeln kritisch zu begleiten und Fehler und Fehlentwicklungen aufzuzeigen, sondern die Politik der Regierung zu erklären und Regierungskritiker mundtot zu machen.

Deshalb wird vonseiten dieser Journalisten gerne auf offizielle Verlautbarungen zurückgegriffen, weil es weniger Arbeit macht und man sich auch nicht dafür rechtfertigen muss, wenn man die Regierung kritisiert und sogar Positionen vertritt, die sogar von der AfD vertreten werden. Hinzukommt, dass viele Redaktionen aufgrund von Sparmaßnahmen nicht mehr über die Fachleute verfügen, die die offiziellen Verlautbarungen verstehen und kritisch einordnen können. Und welcher Journalist nimmt sich schon die Zeit, sich in die polizeiliche Kriminalstatistik einzuarbeiten.

Danke für das Gespräch!