Die Tugendwächter unserer Gegenwart haben nach der Abnutzung der viel
und oft gebrauchten sogenannten „Nazikeule“ nun ein neues
Folterinstrument ihrer politischen Korrektheit entdeckt. „Hass im Netz“,
„Hetze im Netz“ lauten die in Mode gekommenen Zauberwörter des
unendlichen Kampfs der verbissenen Ideologen gegen die Logik in der
puritanischen Olympiade der bequemen Einschränkung der Meinungsfreiheit.
„Hass im Netz“ wird nun all jenen ins Gesicht geschleudert, die sich
der ordinären Gouvernantendemokratur rhetorisch und argumentativ noch in
den Weg stellen, das Menschenrecht auf eine freie Meinung schützen.
Aber es wären doch nicht unsere scheinheiligen Brüder und Schwestern des
linken Establishments, wenn man nicht pfiffigerweise zwischen „gutem“
und „schlechten“ Hass unterscheiden würde.
Also ein neuer
situationselastischer Anstandskodex, der sich ausschließlich danach
richtet, wer es gesagt hat und weniger was gesagt wurde.
Beispiele aus
der täglichen Lebensrealität der Polit- und Journalistenbubble gefällig?
Wenn eine grüne Politikerin einen einfachen unbescholtenen Bürger im
Netz übel verleumdet ist das was? Richtig! Aufrechter demokratischer
Widerstand! Wenn ein einfacher und unbescholtener Bürger eben diese
Politikerin wegen ihres rechtlich verwerflichen Umgangs kritisiert ist
es was? Richtig! übelster Hass und Hetze. Wenn eine Großmutter ihren
renitenten Enkel mit dem Diesel-PKW von der Schule abholt, ist sie eine
„alte Umweltsau“. Wenn sich ein grüner Politiker die Burger eines
internationalen Steuerflüchtlings reinwirft, die Müllberge ein Stück
größer macht, ist er der gealterte Held der „Fridays for
Future“-Generation, ein armes Opfer, für den alle Solidarität der Welt
gilt.
Wenn ein halbseidener Medienemporkömmling mit mehr Promille und
Schulden, als Quote eine konservative Politikerin wegen ihres Aussehens
auf das Niederträchtigste stalkt, ist er Humorist und Satiriker. Wenn
ich so manche Abgeordnete nach ihrem Gewicht bemessen würde, und da
meine ich nicht das politische, werde ich des Landes verwiesen oder in
der nächstgelegenen Einrichtung zwangspsychiatriert. Wenn in manchen
Internetforen zartroser Linksblätter unverhohlen mit Gewalt gedroht
wird, ist es der natürlich Ausdruck milieubedingten Unmuts.
Wenn man
manchen Politikern die Erfahrung jener wünscht, die unser Mitbürger
aufgrund der Politik tagtäglich machen müssen, ist man ein verbaler
Gewalttäter und gehört in Internethaft. Dieses heitere Gedankenspiel der
gelebten Zwiespältigkeit des Moralbegriffs und der heuchlerischen
politischen Rechts/Links-Verortung lässt sich übrigens in alle Bereiche
der Politik fortsetzen. Wenn eine bürgerliche Mitte-Rechts Regierung den
UN-Migrationspakt nicht unterschreibt, sind sie rechtsextreme Klüngel
der Identitären. Wenn es die GrünInnen auch nicht tun, kann man halt
nichts machen.
Wenn ein junger konservativer Bundeskanzler
Generalsekretäre in seinen Ministerien bestellt, führt er sein Land in
die Orbanisierung. Wenn es Linke auch tun, ist es ein Stück gelebter
Normalität. Wenn ein Freiheitlicher die Sicherungshaft für Gefährder zum
Schutz von Leib und Leben einführen will, ist er ein Faschist. Wenn es
Grüne in einer Regierung nun vollziehen müssen, sind sie eine
abgefeierte Bereicherung für den „Umfang in der Politik“.
Wenn ein
Bürgerlicher zum Schutz von Minderjährigen das Kopftuchverbot fordert,
ist er islamophob und fremdenfeindlich. Wenn es Grüne und Sozialisten
machen sind sie plötzlich Verteidiger der Rechte von Frauen. Wir sehen:
Es kommt schon lange nicht mehr darauf an, was man denkt, was man sagt
oder was man tut, sondern ausschließlich darauf, wer es sagt, wer es tut
oder wer es denkt.
Für die einen gilt das Menschenrecht auf freie Rede,
den anderen droht die „Hass-im-Netz-Keule“.